Das Internet ist schon immer ein Abbild des Menschens mit all seinen guten und schlechten Ausprägungen gewesen. Was vergangene Woche in der Nähe meines Heimatortes Trier, in der Jugendstilstadt Traben-Trarbach, aufgedeckt wurde, gibt einen umfangreichen Einblick in die tiefen Abgründe unserer Spezies. Es bleibt mir unergründlich, woher der Antrieb kommt, in einem so großen Stil anderen Kriminellen eine Serverplattform für ihre abscheulichen Machenschaften bereitzustellen, um damit Geld zu verdienen.
Bulletproof-Hoster gegen polizeilichen Zugriff
Nach fünf Jahren intensiver Ermittlungen hat die rheinland-pfälzische Polizei nun ein als „Bulletproof-Hoster“ bezeichnetes Rechenzentrum hoch gehen lassen. Der besondere Service eines derartigen Hosters besteht darin, den Kunden Schutz vor staatlichem Zugriff zu bieten und so Ermittlungen zu vereiteln. Dazu erwarben die nun Festgenommenen einen ehemaligen NATO-Bunker in Traben-Trarbach. Unter dem Szenenamen „Cyberbunker“ betrieben sie ein Rechenzentrum, dessen einziger Zweck es war, Webseiten krimineller Täter zu speichern und diesen ihre Straftaten so erst zu ermöglichen.
Alles, was verboten ist
In dem Bunker wurden zahlreiche Webseiten gehostet, über die international agierende Kriminelle verbotene Waren wie Drogen und gefälschte Dokumente sowie gestohlene Daten vertrieben, Kinderpornografie verbreiteten und groß angelegte Cyberangriffe durchführten. Soweit bisher bekannt waren folgende Marktplätze/Foren Kunden der Beschuldigten.
- Cannabis Road: Auf dieser Seite waren 87 Verkäufer von illegalen Drogen aller Art registriert. Insgesamt sollen über die Plattform mehrere tausend Einzelverkäufe von Cannabis-Produkten abgewickelt worden sein.
- Wall Street Market: Nach Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt handelt es sich hier um den zweitgrößten Marktplatz seiner Art weltweit. In ihrem Aufbau ähnelte die Plattform einer legalen E-Commerce-Plattform im Internet wie z. B. eBay. Über diese Plattform sollen 250.000 Betäubungsmittelgeschäfte mit einem Umsatzvolumen von über 41 Millionen Euro abgewickelt worden sein.
- Fraudsters: Gegen die Betreiber dieses Untergrundforums ermittelt die Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz. Es besteht der Verdacht, dass über diese Plattform mehrere tausend Betäubungsmittelgeschäfte abgewickelt worden sind.
- Flugsvamp 2.0: Bei diesem Marktplatz soll es sich um den größten schwedischen Darknet-Marktplatz zum illegalen Verkauf von Betäubungsmitteln handeln. Das Verfahren gegen die Betreiber wird von den schwedischen Ermittlungsbehörden betrieben. Es sollen 600 Verkäufer und etwa 10.000 Käufer auf dem Marktplatz aktiv gewesen sein.
- orangechemicals, acechemstore und lifestylepharma: Über diese Internethandelsplattform wurden europaweit synthetische Drogen in unterschiedlicher Menge und Beschaffenheit vertrieben. Insoweit werden die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Köln geführt. Es soll um Veräußerungsgeschäfte im fünfstelligen Bereich gehen.
- Angriffe auf Telekom-Router: Auch der groß angelegte Angriff auf rund eine Million Telekom-Router Ende November 2016 wurde über einen Server im Cyberbunker gesteuert.
Mehrere Verhaftungen – 200 Server beschlagnahmt
Das Verfahren richtet sich gegen 13 Beschuldigte, zwölf Männer und eine Frau. Die Beschuldigten seien im Alter von 20 bis 59 Jahren. Sieben Tatverdächtige wurden aufgrund von Haftbefehlen festgenommen. Das Amtsgericht Koblenz hat auf Antrag der LZC gegen sechs dieser Männer und die Frau – vier Niederländer, einen Bulgaren und zwei Deutsche – Haftbefehle wegen Flucht-, und Verdunklungsgefahr erlassen. Ferner erließ die Ermittlungsrichterin 18 Durchsuchungsbeschlüsse. Am Mittwochabend wurden durch die Landespolizei Rheinland-Pfalz und Unterstützungskräfte der Polizei Hessen sowie der Bundespolizei in einer koordinierten Aktion Durchsuchungsbeschlüsse in Deutschland und im benachbarten europäischen Ausland vollstreckt. Hierbei waren insgesamt mehrere hundert Einsatzkräfte beteiligt. Sichergestellt wurden unter anderem etwa 200 Server, schriftliche Unterlagen, zahlreiche Datenträger, Mobiltelefone und eine größere Summe Bargeld. Erstmals ist es deutschen Ermittlungsbehörden gelungen, einen derartigen Hoster auszuheben.
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