23.05.2024

Das Ende der Zollfreigrenze: Was das für Temu und Shein bedeutet

Screenshot temu.comFoto: Screenshot temu.com

Die Bundesregierung will offenbar die Neuordnung von Import-Regelungen der EU unterstützen, besonders asiatische Online-Händler wie Shein und Temu könnten davon betroffen sein. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat – nach einem Bericht von tagesschau.de unter Berufung auf den Handelsverband Deutschland (HD) – signalisiert, dass Deutschland ein Ende der 150-Euro-Zollfreigrenze auf europäischer Ebene unterstützen werde. Für Päckchen unter einem Warenwert von 150 Euro müssen derzeit bei der Einfuhr keine Zollgebühren bezahlt werden – Billig-Händler aus Fernost profitieren davon. Bereits vor einem Jahr habe ich auf die Risiken hingewiesen, die von den chinesischen Online-Händlern ausgehen. Von ihnen geht eine erhebliche Bedrohung für Marketplace-Händler und viele Onlinehändler aus. Offenbar hat die Bundesregierung das Problem erkannt und will nun handeln.

Die Chinaisierung des deutschen Handels

So betitelte ich einen meiner Internettrends für das 2024: Chinesische Online-Händler wie Temu und Shein überschwemmen den Markt mit günstigen Produkten direkt vom Hersteller. Diese Dynamik verschiebt die Balance im Einzelhandel und stellt etablierte Akteure wie Amazon und seine Händler vor große Herausforderungen. Die zunehmende Beliebtheit von Plattformen wie Temu und Shein hat weitreichende Folgen für den deutschen Handel:

  • Erhöhter Wettbewerbsdruck: Lokale Einzelhändler müssen nun mit den niedrigen Preisen und der umfangreichen Produktpalette dieser Giganten konkurrieren. Viele Geschäfte kämpfen darum, relevant zu bleiben, während Verbraucher zunehmend nach günstigeren Alternativen suchen.
  • Veränderte Verbrauchererwartungen: Deutsche Konsumenten gewöhnen sich an die Schnelligkeit und Bequemlichkeit des Online-Shoppings. Sie erwarten nun eine breite Palette von Produkten, schnelle Lieferung und niedrige Preise – Standards, die durch Plattformen wie Temu und Shein gesetzt wurden.
  • Bedenken hinsichtlich Qualität und Nachhaltigkeit: Während die niedrigen Preise verlockend sind, stellen sich Fragen zur Langlebigkeit der Produkte und den Arbeitsbedingungen, unter denen sie hergestellt werden. Dies wirft wichtige ethische Fragen auf, die Verbraucher und Regulierungsbehörden gleichermaßen berücksichtigen müssen.

Auswirkungen auf den Einzelhandel

Diese Verschiebung im Handel könnte zu einem allmählichen Aussterben der klassischen Onlinehändler und Affiliates führen. Die sinkenden Margen, kombiniert mit steigenden Kosten für Onlinemarketing und die Abgaben an Marktplatzbetreiber, machen das Geschäft für viele unrentabel. Für diese Akteure lohnt sich die Vermarktung der Produkte kaum noch, da sie nicht mehr in der Lage sind, die notwendigen Gewinne zu erzielen, um ihre Kosten zu decken und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Forderungen und Reformen

Der HDE hat in einem Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner seine Forderung nach einer wirksamen Durchsetzung des geltenden Rechts auch gegenüber Handelsunternehmen aus Drittstaaten bekräftigt. Der HDE kritisiert, dass die Anforderungen des europäischen Produkt-, Verbraucher- und Lauterkeitsrechts beim Direktversand von Waren über chinesische Plattformen wie Temu und Shein an Verbraucher in der EU vielfach nicht eingehalten würden. Stephan Tromp, stellvertretender HDE-Hauptgeschäftsführer, betont die Notwendigkeit eines „Level-Playing-Field“. Es brauche eine Verbesserung des behördlichen Vollzugs und die Plattformen müssten in die Pflicht genommen werden, Händler aus Drittstaaten zu sperren, die der Pflicht zur Benennung eines verantwortlichen Wirtschaftsakteurs nicht nachkommen.

Ein zweischneidiges Schwert

Die Chinaisierung des deutschen Handels durch neue Shopping-Apps wie Temu und Shein ist also ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bieten sie unschlagbare Preise und Vielfalt, die den Verbrauchern zugutekommen. Andererseits stellen sie Herausforderungen für deutsche E-Commerce-Händler dar und werfen Fragen zur Qualität und Ethik auf. In diesem dynamischen Umfeld müssen sowohl Verbraucher als auch Unternehmen bewusst entscheiden und handeln, um sicherzustellen, dass der Handel in Deutschland sowohl wettbewerbsfähig als auch verantwortungsbewusst bleibt. Die Art und Weise, wie wir kaufen und verkaufen, wird sich unwiderruflich wandeln. Amazons beste Zeiten sind vorbei, die Tage der Onlinehändler und Affiliates gezählt. Es ist an der Zeit, sich auf diesen Wandel vorzubereiten und proaktiv zu gestalten, um in einer zunehmend vernetzten und wettbewerbsorientierten Welt erfolgreich zu sein. Daher sind Politik und Wirtschaft gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und den deutschen Handel zu stärken. Die Einnahmen durch deutsche Händler dürfen nicht wegbrechen. Nur durch gemeinsame Anstrengungen kann die Zukunft des Handels in Deutschland gesichert werden.

Zusammenfassung:

  • Die Bundesregierung unterstützt die Neuordnung von Import-Regelungen der EU, um asiatische Online-Händler wie Shein und Temu zu regulieren.
  • Bundesfinanzminister Christian Lindner signalisiert das Ende der 150-Euro-Zollfreigrenze auf europäischer Ebene, von der Billig-Händler aus Fernost derzeit profitieren.
  • Die Präsenz von chinesischen Plattformen wie Temu und Shein erhöht den Wettbewerbsdruck auf lokale Einzelhändler und verändert Verbrauchererwartungen hinsichtlich Preis, Vielfalt und Liefergeschwindigkeit.
  • Es gibt Bedenken hinsichtlich der Qualität und Nachhaltigkeit der von diesen Plattformen angebotenen Produkte sowie deren Arbeitsbedingungen, was ethische Fragen aufwirft.
  • Der Handelsverband Deutschland fordert eine bessere Durchsetzung des geltenden Rechts gegenüber Drittstaaten-Händlern und die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen im deutschen Handel.

#onlinehandel #zollfreigrenze #temu #shein #onlinehandel #zoll