„Zeige Jugendlichen im Alter von 16 bis 20 Jahren, die 200 km um München wohnen und deren ‚befreundeten‘ Eltern in ihrem eigenen Facebook-Profil als Ausbildung ‚Hochschule‘ eingetragen haben, meine Hochschulwerbung an.“ Was waren das noch Zeiten! Eine Targetierung ohne Streuverluste und ein Onlinemarketing wie im Schlaraffenland. Der Hintergrund für diese Auswahl ist dabei einfach erklärt: 90 Prozent der Eltern von Studierenden haben selber einen Hochschulabschluss. Ein anderes Beispiel: „Wer diesen GPS-Standort (zum Beispiel eines Wettbewerbers) mit seinem Smartphone besucht hat, erhält die Werbebanner meiner Firma ausgespielt.“ – Genial oder genial?!
Geniale Werbung ohne Streuverluste
Doch viele Datenskandale führen dazu, dass Facebook selber viele dieser Funktionen sperrt oder sperren muss. Ungemach droht aber nicht nur vom amerikanischen Senat oder europäischen Datenschützern. Apple-Chef Tim Cook höchstpersönlich prangert Facebook während einer Konferenz eindrucksvoll für den Umgang mit den Kundendaten an und kündigt an, seine Kunden vor der Datenkrake zu schützen. Gesagt getan. Seit einigen Monaten hat Apple ihre Maßnahmen namens „App Tracking Transparenz“ (ATT) für mehr Privatsphäre umgesetzt. Die neue Datenschutz- und Datenerfassungsrichtlinie verlangt von mobilen Vermarktern die Zustimmung der Benutzer einzuholen, um sie verfolgen zu dürfen. Insbesondere müssen sie die Erlaubnis des Benutzers einholen, wenn sie über Apps und Websites hinweg den Nutzer verfolgen möchten. Dies ist bei dem sogenannten „Retargeting“ wichtig. Einer Werbeform, die ermöglicht, dem „Getrackten“ nach dem Besuch einer Website Werbung für genau diesen Anbietern z. B. bei Google oder Facebook auszuspielen.
„Facebook möchte Deinen aktuellen Standort verwenden“
Öffnet man Facebook oder Google, werden Apple-Besitzer nun also gefragt, ob sie einer Verfolgung zustimmen. Viele Apple-Nutzer lehnen dies ab. Damit fällt regionale Anzeigenwerbung auf Facebook, dem Hauptgeschäftsfeld des sozialen Netzwerks, von heute auf morgen weg. Auch das Ausspielen von Textanzeigen auf Google für regionale Kaufinteressierte („GoogleAds“ genannt) gehört in der Apple-Welt der Vergangenheit an, es sei denn, man willigt ein oder der Werbetreibende hat seine Anzeige bundesweit geschaltet. Auch für Google ein Desaster. Immerhin sind sie noch die Standardsuchmaschine beim Browsen mit dem Apple Safari.
Aktienkurs sackt um 20 Prozent ein
Nun ist das Thema auch bei den Aktionären angekommen und bei den Umsätzen von Meta (Mutter von Facebook) und Alphabet (Mutter von Google). Diese Woche kracht bei Meta die Aktie nach unten, 200 Mrd. Dollar Börsenwert werden verbrannt. Die neuen Datenschutz-Regeln vermiesen das Anzeigengeschäft. Auf der anderen Seite werden Personalisierung und Regionalisierung damit für Kleinbetriebe unmöglich, gerade in dem so wichtigen Zielmarkt wie den Besitzern von iPhones.
Targetierung mit künstlicher Intelligenz statt Georeferenzierung
Für uns Onlinemarketer ist das regionale Advertising eines der erfolgreichsten Werbeinstrumente. Es nicht mehr einsetzen zu können, ist ein Debakel. Besonders schade ist, dass diese passgenaue Werbeform, Onlinewerbung ohne Streuverluste zu schalten, besonders regional tätigen Unternehmen nicht mehr als Vertriebsweg empfohlen werden kann. Auch das Suchmaschinenmarketing wird davon nicht unbeeinflusst bleiben. Denn kennt Google den Standort nicht, kann es auch keinen regionalen Anbieter bevorzugt ausspielen. Alphabet und Meta versuchen nun mit künstlicher Intelligenz bei ihren eingeloggten Kunden das Nutzerverhalten zu clustern und so seine Herkunft, Einkommen, Hobbys, Vorlieben etc. herauszufinden. Damit kann Werbetreibenden eine Alternative angeboten werden. Doch noch „funzen“ die Algorithmen nicht. Das Targetieren mit schier grenzenlosen Möglichkeiten ist damit erst einmal vorbei. Für den Verbraucher gut, für regionale Firmen und regionale Werbekampagnen sehr schlecht!
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