01.08.2022

Das Fake-Account-Problem und die geplatzte Übernahme von twitter

twitter.com/elonmusk/ Kein Fake: Elon Musk mit seinen Jungs beim Papst.Foto: twitter.com/elonmusk/ Kein Fake: Elon Musk mit seinen Jungs beim Papst.

Man mag über Elon Musk denken, was man will. Visionär, Querulant oder Enfant terrible … Auch wenn die Meinungen weit auseinandergehen, hat er es mit seiner E-Auto-Marke Tesla geschafft, die E-Mobilität (nicht nur) auf Europas Straßen nachhaltig zu verändern und alle deutschen Autokonzerne zu einer Disruption mit ihrer bisherigen Antriebstechnik zu bringen. Dabei steht und fällt die Marke Tesla mit dem Innovator. Der Mann ist einer der reichsten Menschen der Welt, hat viele verrückte Ideen und einige davon werden in die Tat umgesetzt.

Der Kurznachrichtendienst twitter als Begierde des Objekts

So sein Interesse, den Kurznachrichtendienst mal eben für 44 Milliarden US-Dollar zu kaufen. Mehrere Monate treibt er das Management und die Aktionäre von twitter vor sich hin. Zunächst kündigt er medienwirksam sein Interesse an einer Übernahme an, tritt in die entscheidende Verhandlungsphase und lässt letztendlich den Deal platzen. Begründung: Zu viele Spam- und Fakeaccounts. twitter möchte nun eine Milliardenabfindung wegen Vertragsnichterfüllung. Musk reicht eine Gegenklage ein. Im Oktober startet der Prozess.

twitter in Deutschland unpopulär

Ich gestehe, dass ich Gefallen an der Übernahme von twitter durch Musk hatte. twitter hat sich in meinen Augen in den letzten Jahren nicht wirklich weiterentwickelt. Eine Übernahme hätte dem Kurznachrichtendienst neuen Schwung verliehen. Elon Musk hätte die Power dazu gehabt. Im Gegensatz zu Deutschland zählt twitter in den USA zu einer der Top-Social-Media-Networks. Hier wird der Dienst von einem breiten Publikum genutzt. Es wird informiert, politisiert, dialogisiert, polarisiert, aber vor allem kommuniziert. In Deutschland wird twitter dagegen bevorzugt von Politikern und Journalisten genutzt. 60 % der Accounts sollen in Berlin angemeldet sein. Bildungsbürger, Intellektuelle, der Journalismus und die Politik und diejenigen, die was zu sagen bzw. zu schreiben haben, posten ihre Statements. Journalisten freuen sich, aus dem Fundus der Kurznachrichten immer ein passendes Zitat zu finden. twitter fristet ein Nischendasein und ist eher unpopulär.

44 Milliarden Dollar – aber nicht für so viele Fakeaccounts

Bei der Übernahme steht vor allem der Techmilliardär im Mittelpunkt. Für 44 Milliarden ist er bereit, die Plattform zu übernehmen. Dass in der Übernahmephase aber zu Tage kommt, dass viele der 350 Millionen twitter-Konten Fakes, Spam oder Bots sind, ist es mit der Kauffreude Musks schneller vorüber, als die Börsenwelt gedacht hätte. twitter behauptet 5 %, Musk geht sogar von 20 % gefälschter Accounts aus. Diese gefälschten Konten werden von anderen privaten, kommerziellen und öffentlichen Nutzern eingesetzt, um die eigenen Beiträge zu pushen, indem sie geteilt, gelikt oder kommentiert werden. Parteien nutzen die Bots und Fakeaccounts zur politischen Stimmungsmache. Die Zahlen sollen noch höher liegen.

Die Spitze des Eisbergs

Experten des Cybersicherheitsdienstleisters imperva.com gehen davon aus, dass fast 60 % des weltweiten Datentransfers durch Bots & Co. verursacht wird. Musk liegt also mit seiner Kritik nicht weit und lässt die Übernahme zu den verabredeten Konditionen zu Recht platzen. Mich wundert, dass bei der Diskussion nicht eine Generaldebatte entfacht wird, diese Herumfälscherei von Konten einen Riegel vorzuschieben. Die Politik, die alles im Internet reguliert, täte gut daran, dieses Thema auf ihre Agenda zu setzen. Doch zu oft finden Journalisten und Plattformen heraus, dass die Politiker selbst ihre Social-Media-Statistiken fälschen. Ihre Fans, Likes und Kommentare sind vielfach gekauft. Und nicht nur die Politiker! Regierungen setzen Bots zur Meinungsmache ein. Nicht nur Putin und Russland haben Wahl und Wiederwahl von Donald Trump zu unterstützen versucht. Die rheinland-pfälzische Umweltministerin und spätere Familienministerin Anne Spiegel hatte sogar Werbeanzeige auf Facebook gezielt Nutzern ausgespielt, die sich für „Bündnis 90/Die Grünen“ interessierten (siehe auch Wenn Ministerien Facebook für Parteienwerbung missbrauchen). – Da beißt sich also bekanntlich die Katze in den Schwanz.

#fakeaccounts #bots #twitter #elonmusk #elonmusktwitter