Das hätte die Staatsministerin für Digitalisierung nicht schneller haben können: In wenigen Wochen hat der erste Corona-Shutdown eine Digitalisierungswelle losgetreten, wie man sie mit milliardenschweren Förderprogrammen wohl in Jahren nicht erreicht hätte. Auf einmal versenden Lehrer ihre Schulaufgaben an ihre Schüler, Firmen halten ihre Meetings aus dem Homeoffice per Videoconferencing ab, der Arztbesuch per Videosprechstunde ist erlaubt – samt Krankschreibung für 14 Tage. Jeder, der kann, arbeitet mit Hochdruck daran, seine Dienstleistungen und Produkte online verfügbar zu machen. Live- und Kurzvideos ersetzen langweilige Text-Bild-Posts von Kleinbetrieben in den sozialen Netzwerken. Watchpartys sind das neue Ausgehen und digitales Socializing, „digitale“ Infoprodukte vom Onlinecoaching, -streaming und -learning der Renner.
Heute schon gezoomt?!
Was zuvor wegen Datenschutzbedenken negiert wurde oder sich verzögerte, ist in der Krise kein Thema mehr. Bedenkenträger sind abgetaucht. Microsofts gleichnamige Teamsoftware avanciert zu eine der beliebtesten Kollaborationsplattformen. Zoom wird zu einem der gefragtesten Portalen für Videoconferencing. Auch die deutsche Fernwartungssoftware für das Teilen von Bildschirminhalten (Screen-Sharing), TeamViewer, geht durch die Decke und ist das ideale virtuelle Präsentations- und Akquiseinstrument.
Social Gaming
Zwei Lockdowns, die Einschränkung physischer Kontakte im Privaten und Job, Reise- und Ausgangsverbote usw. lassen die Menschen in die virtuellen 3-D-Welten der Onlinespiele fliehen. Jeder zweite Deutsche spielt mittlerweile Video- und Computerspiele. In Corona-Zeiten steigen die Spielhäufigkeit, die Spieldauer und die Höhe, Geld für Spiele aufzuwenden. Ob Action-, Abenteuer-, Strategie-, Simulations-, Gedächtnis- und – ganz neu – Retrospiele: viele Onlinegames werden miteinander oder gegeneinander gespielt, welches den Begriff des Social Gamings hervorgebracht hat. Virtuelle Geselligkeit mit einem besonderen Kick. Das größte weltweite Soziale Netzwerk „Facebook“ (mit rund 2 Milliarden Mitgliedern) wird mit seinem neuen Gaming-Treffpunkt den Trend noch beschleunigen. Sie enthält eine Virtuelle-Welt-(VR)-Umgebung und einen Spielebaukasten.
Digitales Bezahlen versus Bargeld
Bargeld könnte mit Coronaviren kontaminiert sein, so die Angst vieler Verbraucher. Hygiene geht also vor. Auf einmal zahlen wir Deutschen lieber kontaktlos mit der Karte oder, immer häufiger, sogar mit dem Smartphone. Die Übergangsphase zur elektronischen Zahlung in der Offlinewelt dürfte erheblich beschleunigt worden sein. Agile Kartenakzeptanzanbieter wie Stripe und schnelle Kartenlesegeräte werden die Gewinner sein.
Beschleunigte Virenforschung
So „fieberhaft“ wird noch nie weltweit an einem Impfstoff geforscht. Forschung und Pharmaindustrie überschlagen sich mit Ankündigungen. SAP-Chef Dietmar Hopp meinte sogar im Herbst den Impfstoff mit seinem Unternehmen CureVac zu liefern. Aber auch virtuell sind Tausende Spieler in der ganzen Welt als Art Schwarmintelligenz unterwegs. In sogenannten „seriösen Spielen“, die also nicht primär oder ausschließlich der Unterhaltung dienen, wollen die „Gamer“ die entsprechenden Lösungen, freiwillig und unbezahlt übrigens, finden. Crowdsourcing Games, Hackathons, Distributed Computing und Serious Games sind mehr als zu vielversprechenden Instrumenten geworden, um Krankheiten zu verstehen und Heilungsansätze zu finden.
Run auf den Onlinekonsum
Geschäfte geschlossen, Ausgangssperre … Was tun?! Amazon, so heißt es, sei der große Gewinner der Coronakrise. Bislang machte der Onlinehandel in Deutschland gerade mal 15 Prozent des gesamten Marktes aus. Viele Unternehmen dürften nun verstanden haben, dass an einer webbasierten Bestellmöglichkeit kein Weg mehr vorbeiführt. Auch Hersteller und Anbieter wertbeständiger Waren und Luxuswaren, deren Produkte gerade in Krisenzeiten als Wertanlage gefragter sind denn je, müssen schnellstmöglich umdenken. Denn die Ware ist meist nur beim stationären Handel erhältlich. Für die nächste Pandemie müssen sich Luxusmarken daher etwas einfallen lassen, damit ihre Produkte nicht doppelt nicht erhältlich sind und nicht im „zweiten Markt“ das Geld verdient wird.
„It‘s all in the cloud“
Als 2011 der legendäre Apple-Mitgründer Steve Jobs das Ende der Festplatte und die Einführung der Apple iCloud verkündet, ahnt er wohl nicht, welche Bedeutung einmal dieser Technologie insbesondere in Zeiten von Corona und Homeoffices zukommen würde. Damals wenig beachtet und gewürdigt, war die Entscheidung Apples mehr als wegweisend, Fotos und Dokumente ihrer Nutzer dezentral auf Cloud-Rechnern zu sichern und damit überall verfügbar zu machen. Auch die letzten Unternehmen dürften nun davon überzeugt sein und Provisorien wie GoogleDrive und Dropbox in professionelle und DSGVO-konforme Cloudlösungen überführen.
Die Schattenseiten des Homeoffices
Kommen einige Mitarbeiter auch bestens mit dem Thema Homeoffice klar und steigern sogar ihre Produktivität, gibt es auch das glatte Gegenteil. Mit der gewonnenen Freiheit steigt der Ablenkungsfaktor zu Hause. Der Rahmen durch festgelegte Arbeitszeiten, der Abstand zwischen Privatem und Geschäftlichem oder auch der persönliche Kontakt zu den Kollegen fehle einigen. Ganz zu schweigen, dass ein Homeoffice mit Kleinkindern oder Babys nach Ansicht der meisten Eltern unmöglich ist. Ein anderes großes Problem ist die Zeiterfassung und Überprüfbarkeit der geleisteten Arbeit. Hier wird Unternehmen unterstellt, ihnen fehle die Kontrolle über den Mitarbeiter. In Berufen, wo bislang die Arbeit nicht gemessen wurde, müssten dann Softwareanwendungen geschaffen werden, die das Geleistete dokumentierten. Eher ein Schritt zur völligen Überwachung des Mitarbeiters, die es so bislang noch nicht gegeben hat.
Fazit
Was kommt 2021? Was wird die Post-Corona-Zeit bringen?! Eine dritte Welle? Auf alle Fälle leider eine desillusionierte Jugend und eine Pleitewelle. Die vielen Shutdowns haben viele Branchen einen Todesstoß versetzt. Die Gewinner sind der Onlinehandel und Produkte fürs Abhängen im Homeoffice – home sweet home! Dafür werden sich die Innenstädte grundlegend neu definieren müssen und vielleicht liegt ihre Chance im „New Work“ mit Alternativen zum Arbeiten von Zuhause. Für viele werden Privatleben und Job stärker verschmelzen. Planwirtschaftliche Bevormundungen wie z. B. mit einem Recht auf 24 Tage Homeoffice, wie von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gefordert, sind nicht zielführend. Nach dem Ende des Kurzarbeitergeldes werden viele um ihre wirtschaftliche und soziale Existenz fürchten. Und was wird 2021 aus der „Infodemie“? (Damit ist das pandemische Recherchieren nach Informationen und die damit einhergehende Profilierung als Coronaexperte gemeint.) Sie ist zusammen mit der echten Pandemie endlich abgeklungen. Und das scheint die beste Nachricht für 2021 zu sein. Ich freue mich um so mehr in „dem Jahr nach Corona“, wieder mit Freunden zu feiern, in Museen, Ausstellungen und bei Reisen meinen Horizont zu erweitern, schwimmen zu gehen, Events zu besuchen und vieles mehr. Ich freue mich, wenn den Menschen, die unter Corona ihre Jobs verloren haben, geholfen werden kann. – Vieles wird anders werden, manches aber so wie früher!
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