
„Das Internet ist für uns alle Neuland“, so lautet einer der oft zitierten Sätze unserer scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel. 2013 sorgt dieser für Hohn und Spott. Es zeigt sich, wie so oft, dass Zitate aus dem Zusammenhang gerissen, eine ganz andere Bedeutung haben können. Den Satz bezieht sie jedenfalls nicht auf die allgemeine Ahnungslosigkeit der Deutschen in Bezug auf das Internet, sondern auf die neuen Gefährdungen, die von dem Internet ausgehen und die Demokratie bedrohen. Gemeint ist eine völlige neue Bedrohungssituation, mit der eben „Neuland“ betreten werde. In ihrer Rede verweist sie vor allem auf die damals bekannt gewordenen Enthüllungen über das Abhörprogramm PRISM der USA. Der Whistleblower Edward Snowden deckt auf, wie stark Deutschland und die Bundesregierung von den Vereinigten Staate ausspioniert werden. – Doch hält sich in der allgemeinen Öffentlichkeit und bei vielen Journalisten eine völlige falsche Interpretation des Merkelichen Ausspruchs.
Das Internet ist kein Neuland
Für Angela Merkel ist das Internet jedenfalls kein Neuland. In den Parlamentsdebatten flitzen in 16 Jahren Kanzlerschaft ihre Finger über die Tastaturen von Handyherstellern wie Nokia, Blackberry, Samsung und iPhone. Zunächst rattert sie mit der T9-Funktion ihre SMSe über das Nokia und spielt später die „Klaviatur“ der Handytastaturen. So ist das Internet, nicht erst nach 2013, für sie Hauptkommunikationsinstrument, ihre „Messages“ unters Volk, ihre Mitarbeiter, Parteikollegen und Journalisten zu bringen. Ob auf Facebook, Twitter, Instagram oder YouTube kann man ihr folgen oder „Fan“ werden. Seit 2011 bringt Angela Merkel sogar einen regelmäßigen Videocast heraus. – Neuland schaut jedenfalls anders aus.
Merkels Digitalisierungsagenda für Europa
Anfang des Jahres schreibt Angela Merkel der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine offene Warnung zum Digitalstandort Europa und fordert, Maßnahmen zu ergreifen, die digitale Souveränität der Europäischen Union zu stärken. Ihr Tenor: Die EU sei abhängig von Digitalprodukten aus USA, Südkorea und China. Die Musik spiele nicht mehr in Europa. Insbesondere während den Corona-Lockdowns seien die Schwächen und die Abhängigkeit von US-amerikanischen Anbietern für alle sichtbar geworden. So verfahren für Merkel die Situation sei, die Abhängigkeit sei nicht von heute auf morgen zu beseitigen. „Beginnen wir jetzt, dann haben wir in 5–10 Jahren Alternativen entwickelt.“ Noch nie so klar wie hier formuliert Angela Merkel ihre Digitalisierungsagenda für Europa. Es ist das eigentliche digitale Vermächtnis der Angela Merkel. Chapeau, Frau Kanzlerin! Ein Weckruf, der übrigens kaum publiziert wird und seinen Weg in die Polittalksendungen findet. Zu uninteressant erscheint Journalisten und Politik diese Meldung. – Leider!
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