Foto: netzversteherIch hoffe, ich nerve langsam nicht – aber gefühlt handelt jeder zweite Post von mir über KI und ihre Zukunft. Doch was soll man machen, wenn die Themenlage einfach so rasant bleibt? Auf der RLP-NEXT Innovationskongress in Mainz wurde nun ein neuer, spannender Aspekt beleuchtet: Wie Menschen und KI-Agenten künftig Unternehmen gemeinsam führen könnten. Prof. Dr. Feiyu Xu, KI-Forscherin und Aufsichtsrätin bei Airbus, Siemens Energy und ZF Group, machte in ihrem Vortrag deutlich: KI ist längst keine technologische Spielerei mehr, sondern ein strategisches Führungsinstrument. Wer sie nutzen will, braucht keinen Schnellschuss, sondern eine klare „AI North Star“-Strategie – den inneren Kompass, der Technologie, Daten und Organisation auf gemeinsame Ziele ausrichtet. Denn: Ohne saubere Daten, ohne zentrale Governance und ohne ethische Leitplanken wird KI schnell zum Risiko statt zum Wachstumstreiber.
Kleine Modelle, große Wirkung
Ein besonders spannender Punkt in Xus Vortrag war ihre These: „Nicht jedes Problem braucht ein Large Language Model.“ Stattdessen rücken Small Language Models (SLMs) in den Fokus – kleinere, spezialisierte Modelle mit weniger als zehn Milliarden Parametern. Sie sind schneller, günstiger und besser kontrollierbar – ideal für viele Anwendungen im Mittelstand. Damit bricht Xu mit dem Mantra der Gigantomanie: Effizienz schlägt Größe. Zukunftsfähige Organisationen kombinieren künftig große LLMs als Generalisten mit SLMs als Spezialisten – eine Hybridarchitektur, die ökonomisch und technisch Sinn ergibt.
Die neue Organisationslogik: Mensch und Maschine in Parallelführung
Noch spannender wurde es, als Xu über das sprach, was sie das „Autonomous Enterprise“ nennt: Ein Unternehmen, in dem Menschen und KI-Agenten in parallelen Strukturen zusammenarbeiten – und zwar auf allen Ebenen. Ein „AI COO“ steuert operative Prozesse. Ein „AI Legal Agent“ überwacht Verträge und Risiken. Ein „AI Supply Chain Agent“ optimiert Lieferketten. Das ergibt ein Dual Leadership Model – also geteilte Führung zwischen Mensch und Maschine. Der Mensch bleibt Taktgeber und Entscheider, die KI liefert Geschwindigkeit, Datenintelligenz und Präzision.
Ethik und Governance by Design
Im Zentrum dieses Zukunftsmodells steht laut Xu das Prinzip „Governance & Ethics by Design“. Ethik darf kein nachträglicher Regulierungsfilter sein, sondern muss Teil des Codes werden. Das bedeutet: KI-Systeme müssen so gebaut werden, dass sie Verantwortung und Transparenz automatisch mitdenken – vom Datenzugriff bis zur Entscheidungslogik. Nur so entsteht echte Co-Governance – eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Mensch und Maschine.
Was das für den Mittelstand bedeutet
Gerade mittelständische Unternehmen können hier zu Pionieren werden: Sie sind schneller, agiler und näher an den Prozessen – ideale Voraussetzungen, um KI nicht nur zu nutzen, sondern sinnvoll zu integrieren. SLMs könnten hier zum Gamechanger werden: Sie brauchen weniger Rechenleistung, weniger Energie und liefern dennoch beeindruckende Ergebnisse.
Auf dem Weg zur technologischen Singularität – aber bitte mit Verantwortung
Prof. Dr. Feiyu Xu hat mit ihrem Konzept des „Autonomous Enterprise“ einen faszinierenden Zukunftsentwurf präsentiert. Führung wird nicht ersetzt, sondern erweitert. KI wird zum Co-Piloten, zur digitalen Führungskraft – und zum Sparringspartner für Entscheidungen auf Basis von Daten statt Bauchgefühl. Der Weg zur technologischen Singularität mag noch weit sein. Aber wer heute beginnt, Co-Governance ernsthaft zu denken, ist morgen schon Teil dieser Zukunft. Diese Keynote war also mehr als nur ein Vortrag – sie war ein Statement: Innovation braucht Diversität, Mut und Vision. Nicht zuletzt zählt Prof. Dr. Feiyu Xu laut Forbes zu den „Top 50 Women in Technology“ – eine Auszeichnung, die nur wenigen Forscherinnen weltweit zuteilwird.
#FeiyuXu #rlpnext #rlp #innovationsagenturrlp #innovation