12.10.2015

Digitale Disruption macht Medienlandschaft zu schaffen

Grafik: Netzversteher

Unter dem Motto „Digitale Disruption – Medienzukunft erfolgreich gestalten“ werden Branchen-Experten während der diesjährigen MEDIENTAGE MÜNCHEN in rund 90 Panels die Zukunft der Medien aufzeigen. Mit der fortschreitenden Digitalisierung vollzieht sich ein gewaltiger Umbruchprozess in der Medienlandschaft. Neue Geschäftsmodelle lösen die herkömmlichen ab, neue Marktteilnehmer konkurrieren gegen bisherige. Deshalb überarbeiten die deutschsprachige Medienhäuser derzeit ihre Onlinestrategien.

Breiter Erlösmix statt Bezahlinhalte

Umbruchprozess macht Medien schwer zu schaffen

Umbruchprozess macht Medien schwer zu schaffen.

So kündigte Ulrich Reitz, Chefredakteur des WAZ Online-Portals „Der Westen“, einen umfassenden Relaunch des Angebots an. Zudem startet der Verlag vier neue Portale diverser Zeitungsmarken. Bei der künftigen Refinanzierung ihrer Online-Angebote spielen Bezahlinhalte offenbar nur noch eine untergeordnete Rolle. Dies machte Philipp Welte, Vorstand bei Hubert Burda Media, deutlich: „Ich glaube wenig an Paid-Content-Phantasien. Es ist fast unmöglich, Menschen für die Inhalte im Web zahlen zu lassen“. Stattdessen setzen die Macher auf einen breit angelegten Erlösmix. „Es wird ein großes Puzzle, wie wir künftig Medien finanzieren“, ergänzte Stefan Plöchinger, Chefredakteur von sueddeutsche.de. Der überwiegend werbefinanzierte Online-Auftritt der Süddeutschen Zeitung meldete auf den MEDIENTAGEN MÜNCHEN den Sprung in die Gewinnzone. Internet-Experte Thomas Stiren sieht die Medienhäuser nicht für die Zukunft gewappnet: „Nur wenige Zeitungshäuser haben das Internet richtig verstanden, sie leben immer noch in ihrer Print-Welt.“ Ein Indiz sieht er dabei in den Parallelwelten der Print- und Digitalausgaben und fordert ein Neudenken medialer Nachrichtendarstellung.

Qualitätsoffensive und mehr Leistungsschutz

Um ihre Position nachhaltig zu stärken, setzen Anbieter jetzt auf eine Qualitätsoffensive und fordern von der Politik verbindliche Leistungsschutzrechte. „Unser Online-Produkt ist heute viel schlechter als die Zeitung“, so die selbstkritische Einschätzung von Dr. Peter Hogenkamp, Leiter Digitale Medien bei der NZZ. „Als Digitaler ist man immer noch das Schmuddelkind“. Die Qualität der Online-Inhalte müsse deutlich gesteigert werden. „Wir müssen heute versuchen, rund um die Uhr viel mehr News in Zeitungsqualität zu machen“, so Hogenkamp weiter. Zugleich erwarten die
Verleger klare Regeln zum Leistungsschutz ihrer Inhalte. „Ein solches Gesetz muss es geben, so steht es Koalitionsvertrag“, machte Dr. Rainer Esser, Geschäftsführer des Zeitverlages, auf dem Online-Gipfel der MEDIENTAGE MÜNCHEN deutlich.

Uneinigkeit bei Erlösmodellen von Apps

Uneinig sind sich die Experten über die künftige Bedeutung von Apps im Rahmen ihrer Digitalstrategien. Während Esser hier beispielsweise größere Chancen sieht, warnt Hogenkamp vor überzogenen Erwartungen: „Die Leute verrennen sich, was das iPad angeht“ und meint das Überangebot an App-Angeboten. Ins gleiche Horn bläst der Internet-Kenner Thomas Stiren: „Mit dem responsiven Internet verlieren viele Apps an Nutzen, der Webbrowser bleibt Kerninstrument zum Konsumieren digitaler Inhalte.“