Keine andere App führt seit 2018 ununterbrochen die Downloadcharts der Appstores an. Keine andere App ist bei den Teens und Twens derzeit so angesagt. Keine andere App hat in Deutschland derartige Wachstumsraten verzeichnet. Die Rede ist von der chinesischen sozialen Videoplattform „TikTok“. Deutschland ist sogar das einzige europäische Land in den TikTok-Top 10.
Mehr als nur eine Lippensynchronisationsapp
Ihren Ursprung hat TikTok als Lippensynchronisationsapp. Songs, Dialoge aus Serien und Kinofilmen werden von den Nutzern nachgespielt und synchronisiert. Besonders hip ist momentan eine Parodie auf Klaus Kinski, die Max Giermann anlässlich der Verleihung der Goldenen Kamera 2016 hielt („Wollt Ihr mich verarschen“). Diese kann der Nutzer sich bei TikTok als Tonspur zu seinem Video unterlegen. TikTok verfügt dazu über eine große Soundbibliothek und stellt sie mit einer Reihe von Videobearbeitungseffekten kostenfrei zur Verfügung.
App-Idee stammt aus Amerika
Die ursprüngliche US-amerikanische Vorgängerplattform „musical.ly“ wurde 2017 vom chinesischen Medienunternehmen Beijing Bytedance Technology gekauft und in TikTok umbenannt. Auch Facebook hatte Interesse an der App, musste jedoch den Kürzeren ziehen. Der Name stammt von dem gleichnamigen Song des Sängers Soulja Boy Tell’em und hat keine Anlehnung an die kleinen Lutschdragées „Tic Tac“ oder das „Taka Tuka“-Land aus der Pipi Langstrumpf-Saga;-)
TikTok – Der Liebling der Generation Z
Für viele ist der Erfolg der Lipsyncapp nicht nachvollziehbar. Dabei macht TikTok Spaß. Die Beiträge sind kreativ, spritzig und manchmal sogar hollywoodreif. Jeden Tag gibt es neue witzige Videoclips der weltweiten Community, vornehmlich aufgenommen von der Generation Z. Mit einem Wisch gelangt man zur nächsten Story. Der Wettbewerb ist aufgeschreckt. Facebook arbeitet laut Insidern mit Hochdruck an der Adaption bestimmter Funktionen. Bereits bei Snapchat hatte sie das Story-Konzept in ihre Plattform übernommen. Snapchat verlor damals als soziale Plattform viele Nutzer.
TikToker lässt Negativwelle kalt
Bei aller Hysterie rollt gerade eine Negativwelle über die App. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, Hongkongs Demokratie-Aktivist Joshua Wong und die amerikanische Regierung finden die Nutzung „mehr als bedenklich“. Beiträge von Nutzern sollen von der chinesischen Regierung zensiert werden, so der Vorwurf. Sogar Mark Zuckerberg gibt sich als Hüter der Demokratie. Mit Blick auf die Proteste in Hongkong warnt er: „Während unsere Dienste, wie WhatsApp, aufgrund der starken Verschlüsselung und des Datenschutzes überall von Demonstranten und Aktivisten genutzt werden, werden auf der chinesischen App TikTok Erwähnungen dieser Proteste zensiert, sogar in den USA.“
Demokratie und freie Meinungsäußerung
Zuckerberg nutzt den Shitstorm, seine Plattformen als Wahrer der Demokratie zu positionieren: „Bis vor Kurzem wurde das Internet in fast jedem Land außerhalb Chinas von amerikanischen Plattformen mit starken Werten der freien Meinungsäußerung definiert. Es gibt keine Garantie, dass sich diese Werte durchsetzen werden“, sagte Zuckerberg kürzlich an der Georgetown University.
Chinesische Herkunft sorgt für Misstrauen
Joshua Wong findet es gegenüber der Springer-Presse unglaublich, dass das chinesische soziale Netzwerk TikTok in Deutschland jetzt im Kommen sei. „Da werden dem chinesischen Regime gratis Daten geliefert, mit denen sie Europäer ausspionieren können. Wahnsinn, dass sich kein Widerstand regt und alles hingenommen wird“, warnt auch Wong.
Social Commerce in den Startlöchern
Influencer, die bislang nur auf Instagram setzten, freuen sich über die neue App. Die Algorithmen spielen den Influencern zu. Die Abrufzahlen sind dadurch besser. Das stimmt auch die Auftraggeber der Influencer positiv. Kurz: Es herrscht Aufbruch- und Goldgräberstimmung. TikTok ist für die meisten Marketer noch unbekannt. Dabei plant TikTok in Kürze die Implementation von Social Commerce. Dieses erlaubt den Influencern ihre Produkte direkt in der App zum Verkauf anzubieten. Erste deutsche Unternehmen mit pfiffigen Webagenturen an der Seite entdecken TikTok schon für das Word-of-Mouth-Marketing (Mundpropaganda). Einen Viralhit landete das Versandhandelsunternehmen OTTO anlässlich seines 70. Geburtstag. Mit der Kampagne #machdichzumotto luden TikToker fast 60.000 Beiträge hoch, die in kürzester Zeit rund 150 Millionen aufgerufen wurden. – TikTok ist hip. Ihre chinesische Wurzeln stören zur Zeit keine Nutzer. Unternehmen mit Fokus Generation Z sollten schnell mit der neuen Plattform warm werden und diese als Marketinginstrument nutzen.
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