Die Nutzung von ChatGPT und damit der Einsatz von Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde. Mal ein Gesprächsleitfaden für die anstehende Rechtsberatung erstellen lassen. Mal einen Rechtsfall auf mögliche Rechtsnormen checken lassen. Mal ein Redeskript für eine Verhandlung erstellen lassen. – Je besser das ChatGPT-Briefing oder – neudeutsch – Prompting ist, je besser das Ergebnis. Doch Vorsicht! Schnell sind geheime Betriebstexte bei ChatGPT hochgeladen oder bei einer Fallbesprechung die Klarnamen des Mitarbeiters. – Wo liegen die Grenzen beim Einsatz von KI in Rechtsabteilungen von Unternehmen? Welche Regulierung plant die EU?
Nutzen und Grenzen beim Einsatz von KI in Rechtsabteilungen
Die IHK Trier hatte dazu zu einem Workshop eingeladen. Es referierte die Rechtsanwältin Johanna Klingen (Wirtschaftskanzlei fieldisher) mit dem spannenden Thema „Kollege Chatbot: Nutzen und Grenzen beim Einsatz von KI in Rechtsabteilungen von Unternehmen“. Die Präsentation bot einen umfassenden Einblick und hochinteressante Betrachtungswinkel in die vielfältigen Möglichkeiten und Herausforderungen, die KI in der Rechtspraxis bietet und beantwortete die spannende Frage, welche Rechtsgebiete von der Nutzung von KI betroffen sind!
Intellectual Property
Ein wesentlicher Aspekt bei der Anwendung von KI in Rechtsabteilungen ist das geistige Eigentum (Intellectual Property, IP). Die Einbindung von Input-Daten in KI-Systeme kann die Rechte Dritter, wie geistige Eigentumsrechte oder Geschäftsgeheimnisse, verletzen. Daher sei es so entscheidend, sicherzustellen, dass das Unternehmen über die erforderlichen Lizenzen für die Verwendung dieser Daten verfügten. Auch die Urheberrechte an den von KI generierten Erzeugnissen erläuterte Klingen, um auch hier mögliche rechtliche Konflikte zu vermeiden.
KI-generierte Erzeugnisse
In Bezug auf die Frage nach dem Urheber von KI-generierten Erzeugnissen stellte die Referentin einige interessante Aspekte vor. Gemäß dem Urheberrechtsgesetz werden Werke als persönliche geistige Schöpfungen definiert, die durch menschliches Schaffen entstehen, wie zum Beispiel Sprachwerke, Musik, Filme oder Fotos. Der Urheber eines Werkes ist somit der Schöpfer selbst. Da KI-Systeme nicht über ein eigenes Bewusstsein oder Gefühle verfügen, können sie nicht als Urheber betrachtet werden. Dadurch entfällt auch der klassische Urheberschutz und Bearbeitungsschutz für KI-generierte Erzeugnisse.
Die Frage, wer in diesem Kontext als Urheber angesehen werden kann, ist komplexer. Zwar werden KI-Systeme von Programmierern entwickelt und von Anwendern eingesetzt, doch die Autonomie der KI spielt eine wichtige Rolle. Zum gegenwärtigen Stand der Technologie können KI-Systeme zwar bemerkenswerte Aufgaben ausführen, jedoch handeln sie nicht autonom oder bewusst. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, dass diejenigen, die die KI entwickeln oder nutzen, zumindest teilweise als Urheber der generierten Erzeugnisse betrachtet werden könnten. In diesem Zusammenhang wird die Abgrenzung von KI-generierten Werken und menschlich geschaffenen Werken von entscheidender Bedeutung sein.
Europäische Regulierung
Die rechtliche Regulierung von Künstlicher Intelligenz in der EU ist derzeit in vollem Gange und befindet sich in der Trilogphase. Im Juni dieses Jahres hat das Parlament einen Kompromissvorschlag angenommen, und bis Ende 2023 wird angestrebt, eine Einigung mit dem EU-Rat zu erzielen. Die geplante KI-Verordnung sieht eine differenzierte Herangehensweise vor, indem KI-Systeme je nach Anwendungsbereich und Risiko unterschieden werden.
Die Umsetzung der Verordnung soll bis 2026 erfolgen und wird sowohl für Anbieter als auch für Nutzer von KI-Systemen verschiedene Verpflichtungen vorsehen. Insbesondere für die Nutzer werden spezifische Pflichten eingeführt, um einen verantwortungsvollen Umgang mit KI zu gewährleisten.
Die Pflichten für Nutzer von KI-Systemen umfassen:
- Verwendung gemäß der Gebrauchsanweisung: Nutzer sind verpflichtet, KI-Systeme nur in Übereinstimmung mit den vorgesehenen Anwendungsrichtlinien und Gebrauchsanweisungen zu verwenden, um potenzielle Risiken zu minimieren.
- Überprüfung der Input-Daten: Nutzer müssen sicherstellen, dass die bereitgestellten Input-Daten den festgelegten Zwecken entsprechen und keine Verstöße gegen Gesetze oder Rechte Dritter darstellen.
- Überwachung des Betriebs: Eine regelmäßige Überwachung des KI-Systems gemäß den Anweisungen des Herstellers ist notwendig, um eventuelle Abweichungen oder Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erkennen.
- Aufbewahrung von Protokollen: Nutzer sind verpflichtet, automatisch erzeugte Protokolle über den Betrieb des KI-Systems aufzubewahren. Diese Protokolle können bei der Identifizierung von Fehlern oder Problemen hilfreich sein und dienen der Transparenz und Rechenschaftspflicht.
Die geplante KI-Verordnung stellt somit eine wichtige Initiative dar, um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der EU transparenter und sicherer zu gestalten. Unternehmen, die KI-Systeme nutzen möchten, sollten sich rechtzeitig auf die neuen Verpflichtungen vorbereiten und interne Richtlinien entwickeln, um den Anforderungen der Verordnung gerecht zu werden. Durch eine verantwortungsvolle Anwendung von KI können Unternehmen das volle Potenzial dieser Technologie ausschöpfen und gleichzeitig das Vertrauen ihrer Kunden und Partner stärken.
EU: Klarheit bezüglich des Urheberschutzes in Planung
Die europäische Rechtsprechung, insbesondere die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wird hier zukünftig eine entscheidende Rolle spielen, um den Werkbegriff im Hinblick auf KI-generierte Inhalte zu harmonisieren und Klarheit bezüglich des Urheberschutzes zu schaffen. Unternehmen sollten sich dieser Herausforderung bewusst sein und ihre Rechtsabteilungen entsprechend aufstellen, um den rechtlichen Rahmen für den Einsatz von KI und die Zuordnung von Urheberschaften zu berücksichtigen. Dabei gilt es auch mögliche Exklusivitätsinteressen zu beachten, da aufgrund fehlenden Urheberschutzes andere die KI-generierten Erzeugnisse ebenfalls nutzen könnten. Eine fundierte Rechtsberatung und die Schaffung klarer Richtlinien sind daher unabdingbar, um das volle Potenzial von KI in Rechtsabteilungen auszuschöpfen und gleichzeitig rechtliche Risiken zu minimieren.
Datenschutz
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Anwendung von KI in Unternehmen ist der Datenschutz. Es wurden die Rolle der Datenschutzbehörden, die Verantwortlichkeiten für die Verarbeitung personenbezogener Daten und die notwendigen Verträge für den datenschutzkonformen Umgang mit KI erörtert. Besondere Beachtung fanden auch die Betroffenenrechte, wie das Recht auf Auskunft und das Recht auf Löschung von Daten, die im Kontext von KI-Anwendungen relevant sind. Hierbei wurde verdeutlicht, dass automatisierte Entscheidungsfindungen, die rechtliche Auswirkungen haben, besondere Anforderungen erfüllen müssen.
Überwachung der Beschäftigten durch KI-basierte Software
Der Einsatz von KI in der Arbeitswelt wirft auch Fragen des Arbeitsrechts auf. Besonders interessant war die Diskussion über die Einbeziehung des Betriebsrats in Entscheidungen, die den Einsatz von KI-Systemen betreffen. Es wurden die entsprechenden Paragraphen des Betriebsverfassungsgesetzes genannt, die die Rechte des Betriebsrats in Bezug auf den Einsatz von KI regeln. Ein wichtiges Thema war hier die Überwachung der Beschäftigten durch KI-basierte Software.
Abschließend wurde die KI-Verordnung thematisiert, die sich mit der Regulierung und dem Umgang von KI-Systemen auf europäischer Ebene beschäftigt. Ferner wurde die Bedeutung einer internen KI-Policy hervorgehoben, um klare Richtlinien für den Einsatz von KI in der eigenen Rechtsabteilung zu etablieren und die Einhaltung rechtlicher Vorgaben sicherzustellen.
Großes Potenzial für die Rechtsabteilungen
Die Präsentation von Rechtsanwältin Johanna Klingen zeigte eindrucksvoll, dass der Einsatz von KI in Rechtsabteilungen von Unternehmen großes Potenzial bietet, aber auch einige Herausforderungen mit sich bringt. Ein verantwortungsbewusster und datenschutzkonformer Umgang mit KI ist unerlässlich, um die Vorteile dieser Technologie optimal zu nutzen. Die Einbindung der betroffenen Mitarbeiter und des Betriebsrats ist ebenfalls entscheidend, um eine erfolgreiche Integration von KI-Systemen in die Unternehmensabläufe zu gewährleisten.
Mit einer klaren KI-Policy und einer gut durchdachten Strategie können Unternehmen die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz effektiv nutzen und gleichzeitig rechtliche Risiken minimieren. Der Vortrag bot somit einen wertvollen Leitfaden für den Einsatz von KI in Rechtsabteilungen und ermutigte die Zuhörer, die Chancen dieser innovativen Technologie zu nutzen und gleichzeitig die damit verbundenen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen.
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Zusammenfassung:
1. Der Einsatz von KI in Rechtsabteilungen, insbesondere mittels Systemen wie ChatGPT, bietet vielfältige Möglichkeiten, hat jedoch datenschutzrechtliche und urheberrechtliche Herausforderungen.
2. Aktuell können KI-Systeme nicht als Urheber betrachtet werden, was die Zuordnung von Urheberschaften und damit verbundenen Rechten komplex macht.
3. Die EU arbeitet an einer KI-Verordnung, die verschiedene Verpflichtungen für Anbieter und Nutzer von KI-Systemen vorsieht, um den Einsatz von KI in der EU transparenter und sicherer zu gestalten.
4. Ein verantwortungsvoller Umgang mit personenbezogenen Daten im Kontext von KI-Anwendungen ist essentiell, insbesondere im Hinblick auf automatisierte Entscheidungen mit rechtlichen Auswirkungen.
5. Die Einbindung des Betriebsrats und betroffenen Mitarbeitern ist wichtig, ebenso wie die Beachtung des Arbeitsrechts, insbesondere bei der Überwachung von Beschäftigten durch KI-basierte Software.