07.02.2020

Kunstprojekt in Rotterdam: Die Zukunft digitaler Archive

netzversteherFoto: netzversteher

Das Neue Institut und das Niederländische Institut für Ton und Bild in Rotterdam haben drei Macher aus der Kunstszene beauftragt, sich künstlerisch mit ihren digitalen Sammlungen auseinanderzusetzen. Die Wiederverwendung von digitalen Sammlungen in Museen und Archiven könnte neue Geschichten mit möglicherweise überraschenden und innovativen Formen hervorbringen. Der Künstler Guy Königstein, die Filmemacherin Donna Verheijden und die Designerin Oana Clitan entwickelten jeweils autonome Medienarbeiten, die noch bis Februar 2020 im Museum des Neuen Instituts zu sehen sind.

Die Zukunft der Information

Oana Clitan zeigt in ihrem Projekt, wie Informationen in Zukunft präsentiert werden könnten. Dazu bedient sie sich der Rhetorik vergangener und gegenwärtiger Nachrichtensendungen. Die Installation basiert auf einem Szenario, in dem es aufgrund des Verfalls der elektronischen Geräte nicht mehr möglich ist, neues Bildmaterial zu produzieren. Die begrenzte Verfügbarkeit von Archivmaterial ist das einzige Medium, mit dem sich noch etwas visuell ausdrücken lässt. „Die Regierung nutzt diese spärlichen Bilder, um die Bürger über die neuesten Entwicklungen in der Krise zu informieren”, so die Interpretation der Künstlerin.

Durch das Labyrinth der Archive geistern

Stille Besprechungsräume, leere Treppenhäuser, staubige Regale, lange Korridore und geschlossene Türen bieten ungebetenen Besuchern eine Bühne wie gefrorene Räume aus vergangenen Tagen. Guy Königstein nimmt in seinem Projekt die Gestalt eines solch unerwarteten Gastes, eines harmlosen Eindringlings oder eines schüchternen Geistes an, der auf der Suche nach Verbindung durch das Labyrinth der Archive wandert. Er reißt Schubladen und Ordner auf und stellt der Vergangenheit die Frage: „Geliebte Vergangenheit, was braucht es, um dich aus dem Gleichgewicht zu bringen?”

Repository aus Bildern, Audiofragmenten und Objekten

Das gestohlene Archiv ist ein spekulativer Thriller. Donna Verheijdens Videoinstallation stellt Verbindungen zwischen den Geschichten und Ereignissen her, die in den Archiven der beiden Institute verborgen sind. Beide Sammlungen werden als ein Repository aus Bildern, Audiofragmenten und Objekten, die als Statisten, Requisiten und Sets verwendet werden, zusammengestellt.

Archivinterpretationen im neuen Institut

Das Neue Institut verwaltet eines der größten Architekturarchive der Welt. Wie jedes andere Archiv wird auch diese staatliche Sammlung für Architektur und Urbanistik erst dann wirklich lebendig, wenn das erhaltene Material erforscht, interpretiert und mit der Öffentlichkeit geteilt wird. Seit 2014 beteiligt das Neue Institut Designer, Künstler und Forscher an der Erschließung der eigenen Sammlung und ermutigt sie, sich mit der Rolle eines Archivs in ihrer Arbeit auseinanderzusetzen.

Agile Betrachtung transportiert Archive ins Internetzeitalter

In einer Reihe von Projekten untersucht das Institut neue Möglichkeiten des Zugangs und der Wiederverwendung der von ihm verwalteten audiovisuellen Sammlung. Open Images ist eine Plattform, auf der Tausende von Videos unter offenen Lizenzen zur Verfügung gestellt werden. Sound and Vision stimuliert aktiv die vielfältige und experimentelle Wiederverwendung. So lässt das Institut beispielsweise historisches Bildmaterial von GIFs erstellen und im Projekt RE:VIVE machen elektronische Musiker aus historischen Tonaufnahmen neue Beats.

Transformation digitaler Archive

Die Ausstellung zeigt, dass sich Guy Königstein, Oana Clitan und Donna Verheijden mit viel Empathie in die beiden Sammlungen gestürzt haben. Die Künstler scheinen viel über den Umgang mit dem Urheberrecht, über offene Sammlungen, über die Suche innerhalb eines Archivs und über die Schaffung neuer Werke mit Archivmaterial reflektiert zu haben. Es sind drei bemerkenswerte, völlig unterschiedliche Werke entstanden, die trotz oder wegen ihrer künstlerischen Interpretation zum Nachdenken und Querdenken gleichermaßen anregen. Für meine Arbeit hat es vielfältige Anregungen gegeben und interessante Aspekte im Umgang mit der Transformation digitaler Archive aufgezeigt.

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