05.09.2020

Lichtjahre einholen: Quantentechnologie in Europa

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Auch wenn wir Europäer den Amerikanern in Sachen Quantentechnologie um Lichtjahre entfernt sind, versucht ein ehrgeiziges Projekt namens Quantum Flagship (Quantenflaggschiff) mit einer Milliardenförderung der Europäischen Union (EU) verlorenes „Vakuum“ zurückzugewinnen. Es gilt als eine der größten und ambitionierten Forschungsinitiativen der EU der letzten Jahre. Mit einer Laufzeit von einer Dekade sollen Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Industrie, Unternehmen und politische Entscheidungsträger in einer gemeinsamen und kooperativen Initiative von beispiellosem Ausmaß zusammenkommen. Die Erkenntnis ist klar: Die Zukunft gehört der Quantentechnologie. Daher ist das formulierte Hauptziel die Festigung und der Ausbau der europäischen wissenschaftlichen Führung und – bildungssprachlich ausgedrückt – „Exzellenz“ in der Quantenforschung sowie sein Transfer „vom Labor zur Marktreife“ durch kommerzielle Anwendungen. Das Quantum-Flagship will bestehende und neue Anwendungsfälle von Quantentechnologien identifizieren und koordiniert zur Zeit 20 Projekte.

Die Vision: Vom Labor zur Marktreife

Mit mehr als 5.000 Forschern aus Hochschule und Industrie, die während der gesamten Laufzeit dieser Initiative beteiligt sind, soll die nächste Generation disruptiver Technologien geschaffen werden, die sich auf die europäische Gesellschaft auswirken und zu einer weltweiten wissensbasierten Industrie und zum Technologieführer machen sollen. Als eines von 20 Projekten soll bis kommendes Jahr ein erstes Hochleistungsquantenrechnersystem namens OpenSuperQ am Forschungszentrum Jülich mit bis zu 100 Qubits entwickelt werden. Dieses System soll für Aufgaben der Quantensimulation in der Quantenchemie und dem maschinellen Lernen eingesetzt werden. Der Computer soll zu den führenden Plattformen der Welt und der erste seiner Art in Europa werden. Ein herausragendes und weltweit einzigartiges Merkmal von OpenSuperQ ist sein offener Ansatz, der einer großen Gemeinschaft von Benutzern das Systems und der zugrunde liegenden Technologien bereitstellen will.

Erster Hochleistungsquantenrechner Europas

Nach meiner Einschätzung sind Quantencomputer die Rechner der Zukunft. Die bisher bekannten Computersysteme, die unsere Daten bekanntlich als Bits mit „0“ und „1“ codieren, werden von den Quantenrechnern abgelöst, die ihre Aufgaben nicht in Bits, sondern in Quantenbits (kurz Qubits) rechnen. Das Besondere: Diese Qubits können gleichzeitig „0“ und „1“ sein. Damit können also mehrere Berechnungen durchgeführt werden, was zu einer höheren Leistungsfähigkeit führt. Das macht die Quantencomputer für komplexe und große Datenberechnungen so interessant. Im vergangenen Jahr gelang dem Techkonzern Alphabet (ehemals Google) ein Durchbruch bei der Entwicklung der Quantencomputer. Insbesondere im anbrechenden Zeitalter der Künstlichen Intelligenz und des sogenannten „maschinellen Lernens“ werden leistungsfähigere Computersysteme benötigt, welche menschenähnliche Entscheidungsstrukturen nachahmen können.

Captain Future lässt grüßen

Zurzeit sind Quantencomputer noch sehr teuer und liegen im zweistelligen Millionenbereich. Doch Experten rechnen in 10 Jahren mit der Serienreife. Noch benötigt die Quantentechnologie viel Energie und Raum zum Runterkühlen der Qubits nach getaner Rechenleistung. Doch irgendwann wird die Quantentechnologie auch in unsere Computer, Smartphones und Tablets einziehen. Unternehmen, die hohe Anforderungen an Rechenleistungen stellen, sollten den Einsatz oder die Miete von Quantencomputern evaluieren und das EU-Projekt „Quantum-Flagship“ im Auge behalten. Bestimmte Services werden künftig auf Quantencomputer zurückgreifen. Da dies weiter über webbasierte Oberflächen (Webbrowser) geschieht, merkt der Anwender den Einsatz höchstens an der Schnelligkeit des Internetanwendung. Zukunftsforscher sehen die Gefahr, dass die Quantencomputer mittels Künstlicher Intelligenz sich derart verselbstständigen könnten, dass die Menschheit von Robotern bestimmt oder sogar ausgerottet wird. Diese Entwicklung wird auch als technologische Singularität bezeichnet. Bis dahin vergehen aber noch einige Jahre, in denen die Zeichentrickserie Captain Future viel Raum für unsere Fantasie lässt.

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