Die MEDIA CONVENTION Berlin avanciert zu einem der wichtigsten Medienkongresse in Europa. Entscheidungsträger der digitalen Wirtschaft tauschten sich Anfang Mai mit nationalen und internationalen Experten aus. „Inspirierende Gespräche, Panels und Ganggespräche gepaart mit einem einzigartigen Teilnehmer-Mix“, fasst Netzversteher Thomas Stiren von der Webagentur „rdts AG“ die diesjährige Convention zusammen. Start-up trifft auf Global Player, Filmemacher auf Gamer Netzaktivist auf Intendant, Blogger auf Redakteur, Medienpolitiker auf Entwickler. Die Veranstaltung fand wieder parallel zur re:publica statt.
Live Broadcasting und Webvideos
Das Top-Thema war das Thema Live Broadcasting und Webvideos, die mit facebook Mentions in Bälde zum Mainstream werden. „Einen derartigen Umbruch haben die Fernsehmacher noch nicht erlebt. Die nächste mediale Disruption wird das Fernsehbusiness nachhaltig verändern“, schätzt Thomas Stiren die Lage ein. Seit Youtube & Co. ist der Fernsehkonsum im Wandel. Die Werbeindustrie investieren ihre Werbebudgets in Internet-Videoformate und schalten Trailer vor angesagten Internetvideos. Die TV-Macher sind im Aufruhr.
Politik läuft Entwicklung hinterher
EU-Kommissar Günther Oettinger sprach über die europäischen Positionen zu Netzneutralität, Auffindbarkeit von Medieninhalten im Internet, Konkurrenz zwischen Anbietern wie YouTube, Netflix oder Amazon und nationalen Akteuren sowie über die Herausforderungen, welche die Digitalisierung und Nutzung von Medieninhalten über das Internet für die Regulierung darstellt. „Wir müssen die Digitalisierung zu einem Mehrwert für die Gesellschaft machen.“ Diese und andere Allgemeinplätze waren immer wieder von Politikern zu hören.
Internet-Macher schwillt der Kamm
Die Planungslosigkeit offenbarte sich auch bei der Rede des regierenden Bürgermeisters, Michael Müller, der davon sprach, dass die Politik die Medienordnung der Zukunft schaffen müsse. „Das Internet soll als Ort des Pluralismus und der Meinungsvielfalt erhalten werden.“ Bei diesen Aussagen schwillt dem Internet-Macher der Kamm: „Die Politik läuft der Entwicklung hinterher und versteht die Social Media-Kultur nicht“, macht er seiner Verärgerung Luft. Thomas Stiren ist davon überzeugt, dass eine weitere Regulierung und „Paragraphitisierung“ Innovation und Fortschritt hemmen.
Twitter in den letzten Atemzügen
Berlin als Hochburg der deutschen Twitterer ist immer noch eine Größe in der Kommunikation von Stars & Sternchen sowie Politikern mit Journalisten. Dennoch stellt sich die Frage nach der Zukunft von Twitter. Der Nachrichtendienst hat an Bedeutung eingebüßt. Facebook, Instagram und neuerdings Snapchat bilden die neuen Kommunikationskanäle. Investoren laufen weg. Mark Little, Twitters Vice President of Media in Europe and Africa, malte dagegen einen positiven Ausblick. Für ihn ist dabei wichtig, dass Twitter weiterhin eine Bewegung und keine Plattform ist.
Macht der Bilder – zwischen Pressefreiheit und Menschenwürde
Eine Diskussion ergab sich auch aus der Frage, welche Mittel der Berichterstattung sich die Presse bedienen darf? Bilder vom Krieg, schwer verletzten Menschen und zerstörten Gebäuden zählen zur täglichen medialen Flut. Indem die Presse das Ausmaß dokumentiert, kommt sie ihrer Informationsfunktion nach, stellt Öffentlichkeit her und trägt zum Meinungsbildungsprozeß bei. Dabei ist sie durch die im Grundgesetz verankerte Pressefreiheit geschützt. Als Grenze steht die Menschenwürde. Zwischen diesen beiden Prinzipien muss ein Ausgleich gefunden werden.
Internationale Nachrichtensender in komplexen politischen Weltlage
Dabei wurde auch die Frage aufgeworfen, wie vertrauenswürdig der Journalismus ist? Internationale Nachrichtensender sollen das Weltgeschehen dokumentieren – ausgewogen und zuverlässig. Aber auch bei Nachrichten gibt es meist mehr als eine Wahrheit und viel Raum für unterschiedliche Deutungen und Relevanzzuschreibungen. Die „eigene Perspektive“ über internationale Fernseh-Nachrichtensender zu verbreiten, ist zu einem entscheidenden Bestandteil internationaler Politik und des außenpolitischen Kommunikationsmanagements geworden.