10.10.2021

Wenn Ministerien Facebook für Parteienwerbung missbrauchen

targetleaks.deFoto: targetleaks.de

„Was Donald Trump recht war, ist dem von den Grünen geführten Umweltministerium in Mainz nur billig“, kommentiert die FAZ am Wochenende in ihrer Online-Ausgabe. Gemeint ist das gezielte Ausspielen von personalisierter Werbung im Bundestagswahlkampf 2021. Vor allem die Grünen wollen Facebook stärker regulieren, um den Einfluss von Kampagnen auf Wahlen zu verhindern. Doch ausgerechnet das grün-geführte, rheinland-pfälzische Umweltministerium nutzte im Wahlkampf das sogenannte Microtargeting und spielte gezielt personalisierte Werbung an kleine Personengruppen auf Facebook aus. Das haben die Recherchen des ZDF MAGAZIN ROYALE ans Licht gebracht. Moderator und Chefermittler Jan Böhmermann kritisiert diese „schmutzigen“ Facebook-Tricks.

Grünes Umweltministerium umwirbt Grünen-Anhänger

Für uns Onlinemarketer ist das Microtargeting nichts Verwerfliches, denn es werden Streuverluste bei der Ausspielung der Werbung vermieden und nur der potenziellen Kundenzielgruppe angezeigt. Diese Funktion machte sich auch das besagte Ministerium zu eigen. Ihre Werbung wird im Feed derjenigen angezeigt, die sich laut den Facebook-Algorithmen für Naturschutz, ökologische Landwirtschaft, Zeo waste oder für „Bündnis 90/Die Grünen“ interessierten (siehe Facebook-Werbebibliothek). Gegenüber dem ZDF MAGAZIN ROYALE stritt das Ministerium dies zunächst aber ab, gegenüber der FAZ räumte man nun ein, dass „man sich seit 2018 dieser Praxis bedient und in rund 130 Fällen mit Facebook-Anzeigen ganz gezielt Grünen-Anhänger umworben habe“.

Facebook-Anzeigen adressiert an SPD-Anhänger

Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Hubertus Heil richtete lt. targetleaks.de gezielt Facebook-Anzeigen an Menschen, die sich für die „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ interessierten. Das SPD-geführte Ministerium räumte gegenüber dem ZDF MAGAZIN ROYALE den „Fehler“ ein. Ein Fehler?! Staatsorganen verbietet es „unter Einsatz staatlicher Mittel“ politische Parteien „zu unterstützen oder zu bekämpfen, insbes. durch Werbung die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen“, zitiert ZDF MAGAZIN ROYALE unsere Verfassung.

Zurücktreten und bestrafen

Microtargeting ist nicht verwerflich, sondern ein probates Instrument zur gezielten Werbeausspielung. Wenn eine Partei das im Wahlkampf nutzt, ist dies für mich absolut legitim. Aber wenn Ministerien Werbung an Nutzer adressieren, die sich für die eigene Partei interessieren und dies von Steuergeldern bezahlt wird, dann ist das ein Riesenskandal. Um es staatsrechtlich und strafrechtlich zu formulieren: Es ist verfassungswidrig und stellt die Veruntreuung von öffentlichen Geldern dar! In jedem Land würde dies zum Rücktritt sowie zu einer strafrechtlichen und parlamentarischen Aufarbeitung führen. In Deutschland offensichtlich nicht.

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