Das Medienkunstevent „transmediale“ ist ein ganz besonderes Festival, welches als ganzjähriges Projekt in Berlin stattfindet. Es will die neuen Verbindungen zwischen Kunst, Kultur und Technologie herausstellen. Unter Technologie versteht sie dabei jedoch mehr als die digitale Welt – und unter Kultur mehr als das, was in institutionalisierten Bereichen der Kulturproduktion entsteht. Veranstaltungsort des Festival ist das Haus der Kulturen der Welt in Berlin. Die Aktivitäten der transmediale zielen daher darauf ab, ein kritisches Verständnis der gegenwärtigen, von Medientechnologien geprägten Kultur und Politik zu festigen. Im Laufe seiner 30-jährigen Geschichte hat sich das jährliche Festival als eines der wichtigsten Events in den Kalendern von Medienkunstexperten, Künstlern, Aktivisten und Studierenden aus aller Welt etabliert. Der umfassende kulturelle Ansatz des Festivals wird auch von der Bundesregierung anerkannt, die die transmediale als Leuchtturmprojekt der Gegenwartskultur unterstützt.
Ein führendes Medienkunstevent

Foto: Adam Berry
Alte und neue Medien neu betrachten und bewerten
Im Mittelpunkt stehen dabei Kunstwerke, die dazu herausfordern, unsere tägliche Beziehung zu alten und neuen Technologien zu überdenken. Im Rahmen des Konferenz- und Workshop-Programms wird die kritische Dimension des Festivalthemas im Bereich des Netzwerkens, des Hacktivismus, der Medientheorie und der Politik der technologischen Entwicklung untersucht. In den vergangenen Jahren waren viele renommierte Sprecher aus Wissenschaft und Kunst in den Keynotes und Panels als Vortragende anwesend. In den Workshops werden Projekte weitergeführt, die in den anderen Programmbereichen vorgestellt wurden. Dadurch entstehen sowohl praktische als auch diskussionsbasierte Herangehensweisen in spezialisierten und tiefergehenden Kontexten.
Künstlerische Retrosperktiven als Film- und Videoprogramm

Foto: Paula Abreu Pia
Individualität und Eigenverantwortung als gesellschaftlicher Imperativ
Das Film- & Videoprogramm wurde von Florian Wüst kuratiert: Soziale Errungenschaften, die einst als Ausgleich für die Härten der Industrialisierung und Urbanisierung erkämpft wurden, sind vielerorts in Auflösung begriffen. Stattdessen soll der Markt – unterstützt von staatlicher Regulation – Wohlfahrt und Daseinsvorsorge produzieren: Individualität und Eigenverantwortung nicht mehr nur als Mittel der Emanzipation, sondern als gesellschaftlicher Imperativ. Dort, wo Fortschritts- und Demokratiemodelle nach neoliberalen Prämissen abgebaut werden oder gescheitert sind, gewinnen traditionalistische Ideologien an Boden. Diese richten sich nicht gegen die Ursachen ökonomischer und sozialer Ungleichheit, sondern gegen bürgerliche Rechte und Freiheiten, die immer auch die Herausbildung von Privilegien befördern. Hierin scheint die von Populist_innen angeführte Verachtung gegen die intellektuellen und politischen Eliten mit begründet.
Keine absolute Wahrheit in politischen Dingen
Ein Merkmal des Populismus, wie wir ihn aktuell erleben, liegt in der Behauptung, im Besitz der Wahrheit zu sein und zu wissen, was das „Volk“ wolle, wodurch sich die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen erübrigt. Demokratie basiert jedoch auf der Erkenntnis, dass es keine absolute Wahrheit in politischen Dingen geben kann. Die Filterblasen und Echokammern der digitalen Netzwerke suggerieren Einheit und Homogenität von etwas, das in Wirklichkeit durch Vielfalt geprägt ist. Diese Normalität diverser kultureller und weltanschaulicher Identitäten in der modernen Gesellschaft wird zunehmend zur Angriffsfläche für rechte und rassistische Gewalt.
Macht von Bildern und Sprache hinterfragen
Vor dem Hintergrund der thematischen Schwerpunkte von face value präsentiert das Film- und Videoprogramm des Festivals eine internationale Auswahl experimenteller, essayistischer und dokumentarischer Kurzfilme. Die Beschäftigung mit Wert und Werten erfordert Selbstreflexion, welche die Macht von Bildern und Sprache hinterfragt; das Mittel der kritischen Analyse verbindet sich in den historischen und zeitgenössischen Arbeiten mit künstlerischer Subversion und visionärem Denken. Neben dem eigens für die transmediale entwickelten Projekt von Stefan Panhans und Andrea Winkler sowie der Deutschlandpremiere von Eric Baudelaires Also Known As Jihadi ist eine weitere Besonderheit geboten: das von Stefan Rusu kuratierte Programm Nothing To Lose: The Melancholy of Resistance mit Filmen aus Südostasien.