27.05.2015

Vom Blogger zum Fernsehmoderator: Die Trends der re:publica 2015

Grafik: Netzversteher

Sie ist die größte Web 2.0-Konferenz Europas und findet seit 7 Jahren jährlich in Berlin statt. Anfang Mai kamen fast 7.000 Menschen zur re:publica. Mit über 450 Vorträgen war es der bislang größte Treff. An drei Tagen wurden in Vorträgen und Workshops Themenfelder rund um soziale Medien und die digitale Gesellschaft behandelt.

Lineares Fernsehen war gestern

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Lineares Fernsehen schauen und Print-Zeitungen lesen: Das Ende naht!

So viel steht fest: Alles wird anders und die Veränderungen haben bereits begonnen. Wir haben Internetpionier Thomas Stiren zu den wichtigsten Trends befragt. Vor 20 Jahren gründete er eine der ersten Internetagenturen Deutschlands mit und ist als Berater und Onlinemarketing-Spezialist am Puls der Internetzeit. Für seine Arbeit waren daher besonders drei Themenfelder interessant: 1.) Der Journalismus und das Verschmelzen der Medien, 2.) Die Entwicklung der sozialen Netze und 3.) Die Zukunft mit einem ‚Internet der Dinge‘.

Jeder wird zur Sendeanstalt

Eine wichtige Feststellung der Konferenz ist die Diversifizierung der klassischen Medien Fernsehen und Zeitung. „In zehn Jahren wird es sie in dieser Form nicht mehr geben“, prognostiziert Thomas Stiren. Schon heute werden gezielt Videohappen über Facebook, Youtube, Apps & News-Sites konsumiert als linear über einen Fernsehkanal. Ein weiterer Trend sei das Streaming von eigenen TV-Formaten. „Gestern konnten die Internet-User ihre Texte frei im WWW publizieren, morgen sind sie ihre ‚eigene Fernsehanstalt‘.“ Für den Onlinescout nimmt dieses Szenario bereits Gestalt an: „Beim Livebroadcasting-Portal Younow oder Periscope sitzen schon heute deutsche Teens und Twens vor ihrer Handykamera und senden als Moderatoren ihr eigene Live-Unterhaltungssendung.“ Der Journalismus steht massiv unter Druck, denn durch die Beschleunigung und das Publizieren von Informationen durch soziale Medien sind Meldungen oft überholt und lange Texte nicht mehr das richtige Format.

Generation Y und die Völkerwanderungen

Ein weiteres heißes Thema ist auch die künftige Nutzung des sozialen Netzwerkes Facebook durch die Generation Y. Mittlerweile über 1,3 Mrd. Nutzer groß – immerhin wäre es das zweitgrößte Land der Welt – laufen dem Internetportal die jungen Leute davon. Längst trifft man sich auf den Foto- und Videosharing-Plattformen Instagram und Pinterest. „Diese Völkerwanderung hat sich bereits letztes Jahr abgezeichnet und schwappt aus den USA mit einer dreijährigen Verspätung zu uns über.“ Für ihn sind die Kids auf Facebook nur noch mit ihrer Familie, vor allem den Eltern und Großeltern befreundet, und – „ach ja“ – den Lehrern.

Internet der Dinge führt zu Paradigmenwechsel

Auch das „Internet der Dinge“ war beherrschendes Thema. Die Fragestellung, wie Mode und Technologie verschmelzen werden, beschäftigte Designer und Technologiehersteller. Mobiltelefone, die künftig wie auf einer Chipplatine mit dem Stoff verwebt sind, mit Gesten gesteuert werden und als Lautsprecher fungieren. Viele stellten die Frage, wie sich die Premiumvariante Apple Watch Edition verkaufen wird. Die Uhr ist zwischen 11.000 und 18.000 € erhältlich. Das Thema „Gefahren mit Big Data“ vor allem im Gesundheitsbereich wurde aufgeworfen ebenso wie die Frage nach der Zukunft von Mensch und Maschine. Wie kommunizieren beide miteinander und wie lange hat der Mensch noch etwas zu sagen bzw. zu entscheiden, resümiert Thomas Stiren.

Netzfremdheit und Internet-Polizei

Und was hat den Internetexperten an der re:publica 2015 nicht so gut gefallen? „Die Politik mit ihrem ständigen Ruf nach Regulierungen und Verboten“, bedauert er die Netzfremdheit einiger Politiker und prognostiziert die Einrichtung einer Internet-Polizei. „Beim Zuhören dachte ich, dass es sich um eine Talkrunde aus den Anfängen des Internet gehandelt hat.“ Vielleicht bleiben die ja nächstes Mal fern, weil sie gerade live auf ihrem Fernsehkanal senden;-)