01.09.2023

Warum ich nicht (mehr) gendere: Ein persönlicher Blick

netzversteherFoto: netzversteher

Auf meinem Blog netzversteher.de möchte ich ein heiß diskutiertes Thema klarstellen, das in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum immer präsenter geworden ist: das Gendern. Wie viele Leserinnen und Leser wissen, haben viele Kolleginnen und Kollegen aus dem schreibenden und sprechenden Bereich begonnen, geschlechterinklusive Sprache zu verwenden, um damit die Gleichstellung aller Geschlechter zu betonen und sich von traditionellen Geschlechterrollen zu distanzieren. Ich habe mich auch vor drei Jahren begonnen, meine Blogartikel zu gendern, mich aber nach einigen Versuchen dagegen entschieden.

Und hier sind meine Gründe:

1. Überschriften
Eine der größten Herausforderungen beim Gendern sind Überschriften. Sie sollen knapp, präzise und leicht verständlich sein. Durch das Einfügen von Gendersternen, Unterstrichen oder Binnen-I verlängern sich diese oft und werden für den Leser unübersichtlicher.

2. Eingedeutschte Wörter
In der digitalen Welt werden zahlreiche Anglizismen verwendet. Viele dieser Wörter haben sich so in den deutschen Sprachgebrauch eingefügt, dass sie kaum noch als fremd wahrgenommen werden. Beim Versuch, sie zu gendern, klingen sie jedoch oft merkwürdig und können sogar verwirrend sein.

3. Grammatikalische Herausforderungen
Besonders knifflig wird es, wenn es um den Genitiv Singular oder den Akkusativ Plural geht. Beispielsweise beim Wort „Nutzer“ kann es zu Formen wie „Nutzer*n*innen“ kommen, die nicht nur schwer zu lesen, sondern auch herausfordernd in der korrekten Anwendung sind.

4. Artikel, Pronomen und stellvertretende Nomen
Gendern beeinflusst nicht nur Hauptwörter, sondern hat auch Auswirkungen auf Artikel und Pronomen. Diese müssen oft angepasst werden, um geschlechtsneutral zu bleiben, was den Satzfluss stören kann.

5. Inhärent generische Personenbezeichnungen
Einige Wörter im Deutschen sind von Natur aus geschlechtsneutral. Ein Paradebeispiel dafür ist „Mitglieder“. Solche Wörter zu gendern, erscheint völlig unsinnig.

Ich verstehe und respektiere die Motivation hinter dem Gendern und anerkenne den Wunsch, eine inklusivere Sprache zu fördern. Doch für mich, als jemand, der sich in der digitalen Welt und im Schreibhandwerk bewegt, fühlt es sich unpraktisch und kontraintuitiv an. In manchen Fällen kam es mir bei meinen Genderversuchen als eine regelrechte Vergewaltigung unserer deutschen Sprache vor. Das klingt vielleicht heftig, aber das Gefühl entsteht, wenn Tradition und Grammatik so intensiv verändert werden, dass der Kern und Fluss der Sprache verloren geht. Nicht zuletzt konterkariert das Gendern das Ziel nach einer bürgernahen oder „einfachen“ Sprache. Ein Schreibstil, der auf komplizierte Satzstrukturen verzichtet.

Das bedeutet nicht, dass ich die Wichtigkeit von Geschlechtergerechtigkeit und -gleichheit nicht sehe. Ich versuche, diese Werte in meiner Kommunikation und in meinen Handlungen widerzuspiegeln, ohne mich dabei auf sprachliche Kunstgriffe zu verlassen. Jeder hat das Recht, seine eigene Meinung zur geschlechterinklusiven Sprache zu haben. Das ist meine. Und ich danke Ihnen für das Lesen und für den Respekt meiner Perspektive.

#gendern #innen